Darf privates Geld in die Medizin fließen?
Ärztenetz Südbrandenburg und Kassenärztliche Vereinigung luden zum Sommergespräch ein
Dem durchaus brisanten Thema, „Investitionen in der ambulanten Medizin – die Moral im Kapital“, widmete sich eine Podiumsdiskussion, zu der die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg und das Ärztenetz Südbrandenburg e.V. am 1. September 2022 nach Finsterwalde geladen hatten. Als Gäste konnten dabei im Ärztehaus Finsterwalde-Süd neben anderen die Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz im Land Brandenburg, Ursula Nonnemacher (Bündnis 90/Die Grünen), der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg Dr. Peter Noack, der Geschäftsführer der Convales Holding Ingmar Wegner und der gesundheitspolitische Sprecher der FDP in Thüringen, Robert-Martin Montag, begrüßt werden.
Übergang zu Privat
Der Veranstaltungsort hätte hierfür nicht besser gewählt sein können. 2012 gründete das Ärztenetz Südbrandenburg mit der ANSB med Zentrum GmbH deutschlandweit das erste Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) mit zwei Versorgungsaufträgen in hundertprozentiger Trägerschaft eines Ärztenetzes, das von der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) zugelassen wurde. Heute, zehn Jahre später befindet sich dieses MVZ in privater Trägerschaft der Convales Holding GmbH und ist mit sechs Hausärzten, zwei Gynäkologinnen, einem Augenarzt, einer Radiologin und einem Internist mit Schwerpunkt Diabetologie sowie zwei Weiterbildungsassistentinnen ein wichtiger Arbeitgeber und Versorgungspartner in der Region.
Staat ist erschöpft
„Ich habe Sorge vor investorengesteuerten MVZ. Dieser, meiner Ansicht nach Fehlentwicklung, muss gegengesteuert werden“, machte Ursula Nonnemacher aus ihrem Standpunkt keinen Hehl. Ihrer Meinung nach biete diese Tendenz Anreize zur Über- und Fehlversorgung und berge die Gefahr, dass sich medizinische Gesundheitsvorsorge ausschließlich an Gewinnmagen orientiere.
Eine solche Befürchtung teilt Dr. Peter Noack nicht. Er hob hervor, dass der Staat längst nicht mehr in der Lage sei Medizinische Versorgungszentren technisch so auszustatten, wie es teilweise nur noch mit privaten Investoren möglich ist. Ambulant niedergelassene Ärzte seien inzwischen frustriert angesichts steigender Kosten, betonte Noack. Und wenn der Staat in der Medizin Vorschub leiste, dann zumeist bei den Krankenhäusern. „Allerdings beginnt Krankenversorgung nicht an der Tür der Kliniken, sondern im ambulanten Bereich“, so Noack weiter.
Convales als positives Beispiel
Regional verwurzelt und überregional tätig, den pharmazeutischen, pflegerischen und medizinischen Bereich der Schwerkrankenversorgung im Blick und gleichzeitig Arbeitgeber für 1.500 Mitarbeiter ist die Convales Holding GmbH aus Jena. „Unser Anspruch ist es, im städtischen wie ländlichen Raum medizinische Cluster zu bilden, die die Versorgung einer ganzen Region sicherstellen“, erläuterte Ingmar Wegner, Geschäftsführender Gesellschafter von Convales. Dass man dazu in der Lage sei, bewiesen bereits 60 Versorgungsstandorte des Unternehmens, an denen eine sinnvolle und interdisziplinäre Medizinversorgung praktiziert werde, fügte er an. Zugleich sei man aktuell dabei, den Aufbau eines ambulanten Casemanagement zu forcieren, mit dessen Hilfe Patienten strukturiert und schnell der optimalen Behandlung zugeführt werden können.
Zufriedene Patienten
Der Wandel in der Medizin, darin waren sich alle Beteiligten einig, ist nur im Zusammenspiel mehrerer Partner zu realisieren. „Medizinische Versorgung braucht Teamplay“. Dem stimmte auch Ursula Nonnemacher zu. „Entscheidend ist, dass Ärzte die Chance haben einen guten Job zu machen und Patienten medizinisch gut versorgt werden“, so ihr Fazit. Dann so Nonnemacher, stünde unter vorher zu regelnden rechtlichen Voraussetzungen auch der Investition privater Geldgeber nichts entgegen.
Text und Bild: Sven Gückel